Haushaltsrede der SPD Fraktion

02. Mai 2021

Sehr geehrter Herr Bürgermeister, liebe Vertreter des Stadtrats, sehr geehrter Herr Kämmerer Bleibinhaus, verehrte Zuhörer,

  • 17.242.636,17 EUR Einnahmen im Verwaltungshaushalt im Jahr 2020
  • Ein Plus von5.023.578,17 Eur
  • Keine Kreditneuaufnahme im Jahr 2020
  • Eine niedrige Pro-Kopf-Verschuldung von 492 EUR und damit unter dem Landkreis-Schnitt (539 EUR pro Kopf) und Landesdurchschnitt
  • Seit 30 Jahren Rücklagenpolster
  • Keine Inanspruchnahme des Kassenkredits in Höhe von 1 Mio. EUR

Was heißt das?

Finanziell steht Monheim ausgezeichnet da.

Ein Grund zur Freude?

Auf jeden Fall.

Was sagen uns diese Zahlen noch?

Sie sagen uns, wie gut unser Kämmerer Herr Bleibinhaus – bei dem ich mich übrigens sehr herzlich für die Einweisung bedanke - gewirtschaftet hat. Sie sagen uns außerdem, dass wir eine gesunde Gewerbestruktur haben und mehr eingenommen und weniger ausgegeben haben und somit Friedrich Merz, der einmal meinte, „wir haben in Deutschland kein Einnahmeproblem, sondern ein Ausgabenproblem“, Lügen strafen.

Also alles bestens?

Den Löwenanteil der Einnahmen stemmen Monheims Unternehmer. Verwunderlich ist dies nicht, belasten wir sie doch mit dem höchstmöglichen Hebesatz von 380 – auch hier sind wir im Landkreis spitze.

Auch in dem Wissen, dass Kapitalgesellschaften anders behandelt werden wie Personengesellschaften, sollte wir doch einmal unsere Unternehmerfreundlichkeit prüfen. Was sagen unsere Unternehmer dazu?

Auch sehe ich Monheim im Landkreis stark unterrepräsentiert. Die Stellung Monheims entspricht nicht unserer wirtschaftlichen Stärke – wir werden nicht richtig wahrgenommen – in Projekten des Landkreises nicht berücksichtigt. „Klein halten“, hat mal jemand gesagt, „will man uns.“

Die Schlüsselzuweisungen liegen bei 0,00 %. Wir bekommen vom Landkreis keine Unterstützung! Wir sind für den Landkreis Nettozahler und zwar seitdem man in Monheim denken kann. So wie wir uns in Bayern aufregen für die Schulden des Berliner Flughafens aufkommen zu müssen, so ähnlich kommen wir uns in Monheim bei der Kreisumlage vor. Auch wenn der Vergleich mit dem Landkreis als Berliner Flughafen hinkt, möchte ich doch darauf hinweisen: unsere starke Geberstellung im Landkreis verdient eine laute und selbstbewusste Stimme. Wir sind ein starker Motor und so wollen wir auch im Landkreis wahrgenommen werden.

Oder, wie es früher meine Großmutter etwas einfacher formuliert hat: „Bub“, hat sie gsagt „wennst den Mund nicht aufmachst, dann musst eben den Geldbeutel aufmachen...“

Die Zahlen aus 2020 zeigen zwar, wie gut man in der Vergangenheit war. Ziel muss es aber sein, gerade in guten Zeiten - aus der Position der Stärke heraus - sich für die Zukunft gut aufzustellen, zukunftsfähig und krisenfest für nachfolgende Generationen zu sein.

Machen wir das?

Ja und Nein.

In der Vergangenheit sind wir – um es vorsichtig auszudrücken – nicht sonderlich vorausschauend mit eigenem Bauland umgegangen.

Wir haben in unserem letzten Baugebiet unkontrolliert, schnell und ohne Konzept Grundstücke verkauft. „Ausverkauft“, riefen sobald einige – was sich wie eine Erfolgsmeldung anhört, glich eher einem Abräumen im Schlussverkauf.

So ist auch die Einkommensteuer der Stadt trotz des Zuzugs nicht gestiegen - die Infrastrukturmaßnahmen, wie Kindergarten (den ich übrigens für extrem wichtig und notwendig erachte), müssen aber nachgezogen werden.

Jetzt wissen wir: nur Größe und schnelles Wachstum ist kein Wert an sich. Es geht um Qualität und nicht um Quantität.

Der Haushalt aber zeigt uns, auf Seite 15 unter Punkt 5 von 119 Seiten, dass wir versuchen - und das ist eine der besten Aussagen dieses Haushalts - aus den Versäumnissen der Vergangenheit zu lernen.

Was steht da? Kreditaufnahme, und zwar: 2 Mio. EUR. Typisch Sozi werden sich einige denken: „Beim Schuldenmachen kennt er sich aus und findet es auch noch positiv.“

Kreditaufnahme von 2 Mio. EUR: für mögliche Grundstücksankäufe. Warum? Grundstücke haben einen (steigenden) Gegenwert. Grundstücke machen die gemeindliche Planungshoheit möglich. Grundstückskäufe sind Vorsorge...

In guten Zeiten sich nachhaltig gegen Krisen rüsten - Eine Binsenweisheit?

Die Märkte sind voneinander abhängig, immer stärker miteinander vernetzt - damit werden wir nicht krisenfester, sondern anfälliger für Krisen. Die „Dot.com Blase“ platzt im Jahr 2000 – 10 Jahre später sprechen wir von einer Jahrhundertkrise ausgelöst durch das Zusammenbrechen der Finanzmärkte - wiederum 10 Jahre später trifft uns eine neue Jahrhundertkrise mit Auftreten des Corona-Virus flankiert durch Rohstoffmangel und Lieferengpässe.

Es ist höchste Zeit, die Illusion von der „einmaligen Jahrhundertkrise“ abzulegen und sich für wiederkehrende große Krisen besser zu wappnen. Dazu gehört die Schaffung robuster finanzieller und resilienter gesellschaftlicher Verhältnisse, beschreibt Prof. Dr. Mayer von der Universität Köln, die Situation.

Was meint er damit? Ein Beispiel:

Die Stadt Ulm hat nicht nur den höchsten Kirchturm der Welt. Vermutlich keine andere Stadt der Republik gehören prozentual so viele Flächen. 4500 ha werden vom Rathaus verwaltet, davon 3500 ha innerhalb der Gemarkung Ulms. Das macht rekordverdächtige 30 Prozent der Stadtfläche aus. Die Grundstückspreise sind für eine Stadt in dieser Größenordnung verhältnismäßig niedrig. Die Stadt ist handlungsfähig, kann gestalten, junge Familien berücksichtigen, Unternehmen eine Heimat bieten und passgenau Wohnkonzepte kreieren.

Es kann sein, dass einige von uns - sollten wir dieses Grundprinzip verfolgen - die langfristig so positiven Auswirkungen nicht mehr erleben werden. Das liegt nicht an der Altersstruktur des Stadtrates, sondern daran, dass Ulm schon sehr früh damit angefangen hat, Grund und Boden auf Vorrat zu kaufen – und zwar vor über 100 Jahren. Unsere nachfolgenden Generationen, aber werden es uns danken. Und Ulm kann das, was wir nur eingeschränkt können....Wohnraum für Einheimische schaffen, passgenaue Wohnkonzepte kreieren, Menschen aus der Region in der Region halten, Unternehmen ansiedeln, tauschen, handeln, strukturieren, entwickeln, eben handlungsfähig und krisenfest sein. Deshalb ist es gut und wichtig, wenn wir jetzt damit anfangen.

Flankierend helfen dabei zwei kürzlich ins Leben gerufene Arbeitskreise, die Ideen und Konzepte ausarbeiten,

  • wie wir langfristig Wohnraum an Einheimische vergeben können
  • welche Maßnahmen wir umsetzen wollen, um Grundstücke zu erwerben und
  • wie wir uns einen Bodenvorrat für heute und zukünftige Generationen anlegen wollen.

Aktives Flächenmanagement ist ein Anfang, darf aber nicht nur im Haushalt 2021 eine Rolle spielen, sondern muss ein nachhaltiges Prinzip werden, das wir schriftlich in einem Leitbild verankern sollten, um zu sehen wo wir zum Beispiel in 10 Jahren stehen wollen.

Und: wenn wir uns über Zukunftsfähigkeit Gedanken machen, werden wir merken (und das haben wir bereits schon), dass es noch andere Bereiche gibt, bei denen wir uns krisenfest und unabhängig(er) machen sollten, wie z.B. bei der Frage der Energiepolitik, der Mobilität, Bildung, Beteiligungskultur und manches mehr.

Nebenbei: Die Universitäten Triesdorf und Bayreuth führen derzeit ein ganz praktisches Forschungsprojekt zur Krisenfestigkeit von Gemeinden mit Modellgemeinden und -landkreisen aus Bayern durch. Das Ergebnis soll im Spätherbst vorliegen. Eine Anregung: Schauen wir uns das an, indem wir die Protagonisten zu uns einladen.

Ein abschließender Appell: ein guter Haushalt weckt Begehrlichkeit – ein guter Haushalt darf aber nicht dazu verführen, die Sensibilität zu verlieren. Wir verwalten schließlich als Stadtrat die Gelder der Monheimerinnen und Monheimer nur treuhänderisch. Der Verantwortung sollten wir uns jeden Tag bewusst sein, was es heißt, fremdes Geld zu verwalten.

Umgekehrt: ohne das Engagement und Mitwirken der Monheimerinnen und Monheimer geht es ebenfalls nicht. Krisenfest und zukunftsfähig können wir nur dann werden, wenn wir alle dazu ein Stück beitragen. Wir sind demnach angewiesen auf die Solidarität aller – dafür sollten wir werben.

Sehr geehrter Herr Bürgermeister, lieber Günther, Du hast die Haushaltssitzung genau zwischen Ostern und Pfingsten terminiert. Ein gutes Zeichen, wie ich finde: Ostern symbolisiert Hoffnung und Zuversicht. Pfingsten die Erleuchtung durch den Heiligen Geist. Beides wünsche ich uns: Die Hoffnung und die Zuversicht, dass der Heilige Geist uns erleuchte: Jeden nach seinem Bedarf. Für Monheims Zukunft.

Ich bedanke mich im Namen der SPD-Fraktion sehr herzlich bei allen die dazu beigetragen haben, Monheims Zukunft mitzugestalten und bei denen, die sich jeden Tag für die Menschen und unsere Belange einsetzen.

Wir als SPD-Fraktion stimmen dem Haushalt uneingeschränkt zu.

Andreas Pelzer SPD-Fraktionssprecher

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